Während die kommunistische Partei in China etwa 55 Millionen Mitglieder zählt, praktizieren mehr als 70 Millionen Falun Gong, eine Meditationsform, die hohe moralische Anforderungen stellt und zur Herzensbildung beitragen soll. Für den chinesischen Staatspräsidenten und Parteichef Jiang Zemin stellt sie vor allem eine Bedrohung dar. Augenzeugin und Prügelopfer Lili Zhai berichtet. Ein Bericht aus der Zeitschrift "Kirche Intern": von ISABELLA CAMPBEIL-WESSIG
Es begann in den 90er Jahren in China. Jeden Morgen strömten Menschen in die Parks, um ihre Übungen zu praktizieren. Die Menschen kommen aus allen sozialen und beruflichen Schichten, auch Mitglieder der kommunistischen Partei finden sich unter ihnen.
Der Kultivierungsweg "Falun Gong ist eine ganz individuelle Praxis. Jeder kann gratis Bücher aus denn Internet herunterladen, es gibt keine richtigen Gruppierungen und es werden daher auch keine Mitgliedsgelder verlangt", erklärt die 28 - jährige Lili Zhai.
Die Informatikerin, die nach einem Studium an der Technischen Universität in Wien beschlossen hat, weiterhin in Österreich zu bleiben und nun bei einer Computerfirma arbeitet, praktiziert seit 1998 Falun Gong. "Ich konnte mit diesen Übungen meine Prüfungsangst überwinden, es gelingt nun viel besser, Stress abzubauen, und ich bin auch nicht mehr neidisch, wenn andere mehr Erfolg haben als ich", streicht sie jene positiven Erfahrungen heraus, die sie selbst mit diesem Meditationsweg machen konnte.
Am 22. Juli 1999 wurde Falun Gong als "illegale Organisation" verboten, Li Hongzhi gilt als "Staatsfeind". "Die Regierung fürchtet, die Kontrolle über die Menschen zu verlieren", erklärt Lili Zhai. Schließlich führen die Prinzipien des Falun Gong unweigerlich zur Ausbildung einer starken Persönlichkeit, zur Entwicklung von Toleranz und Achtung vor dem anderen.
Die Konsequenzen, die die Praktizierenden für sich und ihre Mitmenschen daraus ziehen, sind einfach auszumalen: Religionsfreiheit, Gedankenfreiheit, Einhaltung der Menschenrechte.
Die Folgen der Angstreaktion seitens der chinesischen Machthaber erlebte Lili Zhai mit eigenen Augen mit, als sie 1999 bei einem Besuch in der Heimat Zeugin der brutalen Polizeiübergriffe wurde. Tausende Menschen hatten sich friedlich vor dem Petitionsbüro in Peking eingefunden, um dafür einzutreten, dass das Verbot des Meditationsweges Falun Gong wieder aufgehoben werde. "Plötzlich kamen Polizisten. Sie schlugen wahllos auf die Menschen ein, viele wurden festgenommen, gewaltsam zu Bussen geschleppt. Niemand von den Falun Gong Praktizierenden hat Widerstand geleistet."
Die brutalen Verhaftungen sind ein Mittel, um vielen Menschen nur allzu deutlich vor der Ausübung dieser Praxis zu warnen, ein anderes ist ein 24- Stunden-Programm gegen Falun Gong im staatlichen Fernsehsender. Dabei wird auch vor Propagandalügen nicht zurückgeschreckt. Aus Originalzitaten von Li Hongzhi werden Wörter herausgestrichen und damit der Inhalt ins Gegenteil verdreht, die Praktizierenden wiederum werden als Geisteskranke bezeichnet, wie Lili Zhai berichtet.
"Aber die Menschen, die diese Übungen machen, die sich an die drei Prinzipien halten, lassen sich nicht beeinflussen und auch nicht unterdrücken", ist die Informatikerin überzeugt.