Im Jänner 2002 wird Xiong Wei, damals 31, Absolventin der TU Berlin beim Verteilen von Informationsmaterial über die Verfolgung von Falun Gong in China von der Pekinger Polizei verhaftet und verschwindet ohne gerichtliches Verfahren für zwei Jahre in einem Arbeitslager. Erst der internationale Protest und Druck gegen dieses Vorgehen bringen sie wieder in Freiheit.
Xiong Wei, geboren in China, studierte von 1993 bis 1999 an der Universität Berlin. Während ihrer Zeit in Deutschland lernte sie auch Falun Gong kennen. "Ich war ein schwächliches Kind, litt oft unter Magen- und Kopfschmerzen", erzählte sie in einem Interview über ihre Beweggründe Falun Gong zu praktizieren: die Meditation, die körperlichen Übungen und die Lehre hätten ihr geholfen. Nach ihrer Ausbildung zur Assistentin für China-Geschäfte kehrte sie nach Peking zurück, um dort für ein deutsches Unternehmen zu arbeiten.
Am 5. Jänner 2002 wurde sie von der Pekinger Polizei verhaftet, ihre Wohnung nach Falun Gong Materialien durchsucht und auch andere Familienmitglieder und ihr Ehemann unter Druck gesetzt. Sie wurde in ein chinesisches Arbeitslager gebracht und hatte dort 2 Jahre unter strenger Aufsicht und Repressionen Zwangsarbeit zu leisten: Sie musste von 7 Uhr bis mindestens 22 Uhr täglich Essstäbchen verpacken, war zahlreichen Anfeindungen und Übergriffen des Personals ausgesetzt und wurde zu Kniebeugen bis zum Zusammenbruch gezwungen. 16 Frauen teilten sich eine Toilette und das Essen war häufig von Maden durchsetzt.
Im Pekinger Frauen Zwangsarbeitslager - im Original auch Tiantanghe oder Xinan Arbeitslager genannt - wurden vor der Verfolgung von Falun Gong nur 100 bis 200 Personen, hauptsächlich wegen Drogenmissbrauchs oder Prostitution, gefangengehalten. Erst mit Beginn der Unterdrückung von Falun Gong nahm die Anzahl der Gefangenen von ca. 100 im Juli 2000 drastisch auf fast 1000 im April 2001 zu.
Die rosarote Fassade des Arbeitslagers täuscht Passanten Fürsorge vor. Die wahren Geschehnisse sind völlig konträr dazu. Falun Gong Praktizierende, die sich einer Umerziehung widersetzen, werden körperlich gefoltert. Xiong Wei sprach aus eigener Erfahrung: "Nach zwei Tagen wiederholter Folterung taten meine Beine so weh, dass ich nicht von der Toilette aufstehen konnte. Jemand musste mich hochziehen. Ohne die Hilfe von anderen musste ich mich an etwas festhalten, um aufzustehen."
Nachdem die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte Deutschland von ihrem Fall erfahren hatte, begann sich die international hochangesehene NGO mit Beraterstatus bei der UNO für Xiong einzusetzen und den Fall unter anderem mit Hilfe einer großangelegten Unterschriftenaktion und Postkartensendungen in das Arbeitslager an die breite Öffentlichkeit zu bringen. Auch die deutsche Regierung und weitere Menschenrechtsorganisationen sowie natürlich zahlreiche Mitpraktizierende unternahmen große Anstrengungen für ihre bedingungslose Freilassung - dies blieb nicht ohne Auswirkung in China, selbst im Arbeitslager konnte man die Bemühungen erahnen: Ende November 2002 wurde die Atmosphäre im Arbeitslager nervös. Die Inhaftierten wurden angewiesen, an der Verschönerung der Umgebung zu arbeiten. Die Wachen ließen viele grüne Pflanzen herschaffen, um die Eingangshalle zu dekorieren, und sie hingen weiße Vorhänge vor die Türen. Die weißen Vorhänge hingen dort nur zwei Tage bis zum Abzug der ausländischen Spezialberichterstatter.
Zwei Jahre bis 5.1.2004 mussten schließlich vergehen, bis Xiong letztlich das Arbeitslager verlassen konnte, und ein weiteres dreiviertel Jahr und internationaler Druck waren notwendig, dass man ihr erlaubte, aus China, wo sie seit ihrer Entlassung unter Beobachtung gestanden hatte, zurück nach Deutschland auszureisen.