Am 11. Juli fand ein Hearing im Europäischen Parlament in Brüssel über China und die derzeitige Situation von Menschenrechtsverteidigern statt. Im Mittelpunkt der Sitzung stand ein Vortrag von Herrn Yiyang Xia, „Senior Director von Policy und Research at the Human Rights Law Foundation". Der folgende Artikel ist darum bemüht, einige wichtige Punkte des Vortrags zusammenzufassen.
Ein zentraler Punkt des Vortrags war, dass die Verfolgung von Falun Gong juristisch betrachtet verfassungswidrig und illegal ist. Falun Gong wurde nie juristisch korrekt verboten und es existiert kein Gesetzestext, der die Ausübung von Falun Gong an sich verbietet. Falun Gong wurde offiziell am 20. Juli 1999 durch das kommunistische Regime Chinas verboten, doch die beiden offiziellen Dokumente, die die Verfolgung von Falun Gong erläutern, erschienen erst am 22. Juli, also zwei Tage nach dem Hunderte Falun Gong-Praktizierende aus ihren Häusern verschleppt und inhaftiert wurden. Diese Massenverhaftungen wurden nicht durch einen Regierungsbeschluss oder einen Gerichtsbefehl durchgeführt, sondern aufgrund der Direktion des damaligen Oberhaupts des kommunistischen Regimes Chinas, Jiang Zemins, veranlasst.
Ein offizielles Dokument, das am 22. Juli zur Verfolgung von Falun Gong verfasst wurde, heißt „Entscheidung zum Verbot der Falun Gong Forschungsgesellschaft", und wurde von dem Ministerium für Bürgerliche Rechte und dem Ministerium für Öffentliche Sicherheit herausgegeben. Aus dem Dokument geht hervor, dass das Verbot die „Forschungsgesellschaft von Falun Gong" betrifft, jedoch nicht an Falun Gong selbst als eine spirituelle Praxis gerichtet ist. Seit 1993 war Falun Gong eine untergeordnete Gruppe der „Chinesischen Wissenschaftlichen Qi Gong Forschungsgesellschaft". Im März 1996 kündigte die Falun Gong Forschungsgesellschaft jedoch ihre Mitgliedschaft und löste sich als Gesellschaft auf.
Was das Ministerium für Bürgerliche Rechte im Juli 1999 verbot, war also lediglich eine Instanz, die schon seit 1996 nicht mehr existierte. Falun Gong selbst ist eine spirituelle Praxis ohne formale Organisation, Hierarchie und Mitgliedsliste, die Übungsgruppen werden informell organisiert. Selbst wenn die zur Zeit des Verbots nicht mehr existierende *„Falun Gong Forschungsgesellschaft" verboten wurde, so kann solch ein Verbot nicht automatisch auf die Übungspraxis selbst ausgeweitet werden. Juristisch betrachtet wurde Falun Gong als Meditationspraxis also nie verboten. Weiters haben sowohl das Ministerium für Bürgerliche Rechte und das Ministerium für Öffentliche Sicherheit nur die Autorität, in ihren Abteilungen Anordnungen zu erteilen, ihnen kommt jedoch keine legislative oder juristische Macht zu, Entscheidungen zu fällen, was legal oder illegal ist.
Noch dazu widersprechen die beiden Dokumente Artikel 36 und 5 der chinesischen Verfassung. Artikel 36 sagt den Bürgern die Freiheit über religiösen Glauben zu und Artikel 5 insistiert, dass alle Staatsorgane dazu verpflichtet sind, die chinesische Verfassung und das Gesetz aufrechtzuerhalten. Ein anderes Dokument vom 30. Oktober, das bei Analysen durch diverse Menschenrechtsgruppen immer wieder als Basis für die Hetzkampagne der KPCh gegen Falun Gong genannt wird, spricht lediglich von einer „Entscheidung, Kultaktivitäten zu verbieten und zu bestrafen", jedoch wird Falun Gong nie konkret genannt. Wahrscheinlich waren sich die Herausgeber des Dokuments bewusst, dass eine Gesetzesgebung nicht erreicht werden kann, wenn eine Bewegung allein verboten wird.
Um die Verfolgung von Falun Gong trotz Fehlens einer rechtlichen Basis umsetzen zu können, wandte das kommunistische Regime einige Taktiken an, um das Gesetz zu umgehen bzw. zu ihren Gunsten umzudeuten. Am 10. Juli 1999 wurde z.B. durch das Zentralkommitee der KPCh ein Gestapo-ähnliches Büro, das dafür zuständig ist, die Gräueltaten gegen die Praktizierenden umzusetzen, eingerichtet. Das Büro wurde unter dem Namen des Gründungsdatums, Büro 6-10, bekannt. Bis zum heutigen Tag wurden tausende derartige Büros in ganz China errichtet, obwohl diese weder vom Volkskongress noch vom Staatsgericht autorisiert wurden.