In China rollt eine Anzeigenwelle gegen das Ex-Staatsoberhaupt Jiang Zemin, die schon jetzt historisches Ausmaß erreicht hat. Offensichtlich wird sie von der amtierenden Regierung unterstützt. Seit Ende Mai bis heute gingen gegen ihn über 180.000 Anzeigen bei Chinas oberster Staatsanwaltschaft oder dem Obersten Gerichtshof ein.
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und „Massenmord“ werden Chinas Ex-Oberhaupt vorgeworfen, weil es im Jahr 1999 die Verfolgung von Falun Gong startete, in der es zu schwersten Menschenrechtsverletzungen, massenhafter Folter und sogar Organraub an Lebenden kam. Von der Verfolgung der Meditationsbewegung sind in China geschätzte 100 Millionen Anhänger betroffen. Alle Anzeigen, die gegen Jiang gemacht wurden, kommen von Menschen, die direkt oder indirekt Opfer wurden, selbst gefoltert wurden oder Angehörige verloren haben.
Bisher war es in China üblich gewesen, dass Gerichte über die Eröffnung eines Verfahrens zunächst intern entschieden. Auf diese Weise konnten vor allem Parteifunktionäre vor Unannehmlichkeiten geschützt werden, weil viele Anzeigen gegen sie einfach ausgesiebt wurden. Staatschef Xi Jinping initiierte die Änderung im Zuge seiner Anti-Korruptionskampagne, der schon viele hohe und niedrige Beamte zum Opfer fielen. Nun muss auf jede Anzeige hin ein Verfahren eröffnet werden, egal wer der Beklagte ist.
Hunderte Falun Gong-Praktizierende zeigten daraufhin Ex-Staatschef Jiang Zemin an, der die Verfolgung der Meditationsbewegung im Jahr 1999 befohlen hatte. Diese Verfolgung dauert offiziell immer noch an, weshalb eine Anzeige gegen Jiang mit hohem persönlichem Risiko verbunden ist.
Die Anzeigewelle gegen die menschenrechtsunwürdigen Verbrechen von Jiang Zemin hat sich auch weit über die Grenzen von Festlandchina ausgebreibtet. Die Strafanzeigen fanden Nachahmer in vielen asiatischen Ländern und Gebieten. Seit Oktober 2015 unterschrieben fast 550.000 Bürger von Taiwan, Süd-Korea, Hong Kong, Japan und anderen Ländern Strafanzeigen, die von Chinas Oberster Staatsanwaltschaft verlangen, Jiang Zemin vor Gericht zu stellen.
Aber auch in der westlichen Welt unterstützen zahlreiche Menschen die Strafanzeigen mit einer Unterschrift, wie auch in Österreich. Dieser Appell stand auch im Zentrum der Veranstaltungen der europaweiten Falun Dafa-Konferenz, welche heuer am von 18.-20.9. 2015 in Wien stattfand.
Falun Gong-Praktizierende aus über 30 Ländern veranstalteten eine Parade durch die Wiener Innenstadt, um auf die Verfolgung in China und die Anzeigenwelle gegen Jiang Zemin aufmerksam zu machen.
Angeführt wurde der dreistündige Marsch durch das Zentrum von Wien von der europäischen Tian Guo Marching Band. In dem Teil des Marsches, der die Verfolgung zum Schwerpunkt hatte, trugen die Praktizierenden Transparente in vielen Sprachen über die Strafanzeigen gegen Jiang Zemin. Eine Darstellung des brutalen Organraubs an den Praktizierenden war zu sehen. Außerdem trug eine Gruppe weiß gekleideter Praktizierender Bilder von Todesopfern der Verfolgung.
Veranstaltungen wie diese werden weltweit gehalten, um die Bevölkerung über die Menschenrechtsverletzungen, aber auch die neuesten Entwicklung in China wie die Möglichkeiten der Strafanzeigen zu informieren. So kann sich die internationale Gesellschaft abseits der Propaganda und Zensur selbst eine Meinung über die Geschehnisse in China bilden und selbst wählen, auf welcher Seite sie am Ende dieser Geschichte stehen möchte.
Julia Wikström