So hatte er sich seine Europareise bestimmt nicht vorgestellt. Als er in Island, seiner ersten Etappe, ankam, reichten Falun Gong Praktizierende bei der Staatsanwaltschaft in Reykjavik eine Strafanzeige gegen Luo Gan und das von ihm geleitete "Büro 610" ein. Die Vorwürfe, die ihm zur Last gelegt werden, sind keine geringeren als die Verbrechen der Folter, des Völkermords und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist dies nicht das erste Mal, dass gegen hohe chinesische Beamte Strafanzeigen angestrebt werden. Allein gegen Luo Gan liegen schon vier Strafanzeigen vor.
Es gab peinliche Zwischenfälle. Während Luo Gan beispielsweise einem isländischen Politiker beim Mittagessen vortäuschen wollte, dass die Menschenrechtslage in China ohnehin nicht so schlimm wäre, protestierten vor dem Gebäude 150 Leute gegen Völkermord und Luo's Übeltaten. Von dieser Blamage konnten dann selbst die bezahlten chinesischen „Jubel-unterstützer” nicht mehr ablenken. (Chinesische Spitzenpolitiker sehen sich gerne nach Mao’s Vorbild von den Massen umjubelt.)
Nachdem Luo Gan also vor den Falun Gong Praktizierenden und Bannern mit "Stoppt die Verfolgung unschuldiger Menschen" nach Finnland, dem nächsten Ziel seiner Reise, regelrecht flüchtete, erwartete ihn hier schon die nächste Überraschung. Schon einen Tag vor seiner Ankunft hatten finnische Medien Fotos von Falun Gong Übenden veröffentlicht und entlarvten ihn als einen Hauptverantwortlichen für die Verfolgung von Falun Gong. Manche Zeitungsartikel kritisierten die finnische Regierung scharf (”Finnland lädt Mitglied des Zentralkomitees ein, das der Menschenrechtsverletzungen beschuldigt wird"), andere kritisierten nur den Besuch selbst ("Luo Gan ist Leiter des Büros 610 ... das Büro 610 ist eine Organisation mit großer Ähnlichkeit zur Gestapo."). In den darauffolgenden Tagen veröffentlichte die finnische Presse einige Briefe von Lesern, in denen gefragt wurde, warum die Regierung eine Person mit einem derart erschreckenden Menschenrechtshintergrund überhaupt nach Finnland einlud. Konfrontiert mit derartigen Fragen gab schließlich der Justizminister, Johannes Koskinen, die Erklärung ab, dass Luo Gan in Finnland wäre, um an Festspielen teilzunehmen, er aber nicht offiziell zu einem Besuch nach Finnland eingeladen worden war. Auch in Finnland wurde der Leiter des Büros 610 mit einer Klage konfrontiert. In den darauf folgenden Ländern seiner Reise fand er sich weiteren unangenehmen Situationen gegenüber.
Hintergrund:
Luo Gan ist als Leiter des "Büros 610" einer der Hauptverantwortlichen für die Verfolgung von Falun Gong. Das Büro 610 wurde vom ehemaligen chinesischen Staatschef Jiang Zemin eigens für die Verfolgung von Falun Gong gegründet.