Internationale Medien verbreiteten die neue Ankündigung aus China, dass Organe künftig nicht mehr von hingerichteten Häftlingen entnommen werden. Der Seriosität dieser Aussage stehen jedoch starke Zweifel gegenüber.
Am 3.12.2014 vermeldete der Leiter des chinesischen Transplantationskomitees und ehemalige Vize-Gesundheitsminister Huang Jiefu, dass die für Transplantationen benötigten Organe ab 1. Jänner 2015 nur noch von freiwilligen Spendern stammen dürfen.
In China wurden seit den 1970er Jahren Organe von hingerichteten Gefangenen für Transplantationszwecke entnommen. Seit 1984 gibt es das Gesetz, dass diese Art der Organbeschaffung offiziell erlaubt ist. 2005 gab Huang Jiefu zum ersten Mal zu, dass über 90 Prozent der für Transplantationen verwendeten Organe von hingerichteten Gefangenen stammten.
Sowohl die World Medical Association (WMA) als auch die Transplantationsgesellschaft (TTS) drücken in ihren Ethikstandards unmissverständlich aus, dass Organe von hingerichteten Gefangenen nicht für Transplantationen verwendet werden dürfen.
In einem Interview mit der Beijing Times am 4. März 2014 kündigte Huang Jiefu an, Organe von Gefangenen in das Organspende- und Verteilungssystem (COTRS) zu integrieren: „Gefangene sind auch Bürger und haben daher auch das Recht Organe zu spenden. Sobald die Organe von hingerichteten Gefangenen in das landesweit einheitliche System eingespeist wurden, so werden diese als freiwillige Organspenden chinesischer Bürger eingestuft.“ Wie „freiwillig“ solche Spendererklärungen erfolgen, bleibt zu hinterfragen. Und was bedeutet diese Aussage für die aktuelle Ankündigung? Würde China auf diese Weise offiziell die internationalen ethischen Richtlinien umgehen?
Seit 2006 gibt es zunehmend Indizien dafür, dass nicht nur zum Tode Verurteilte, sondern auch politische Gefangene in China als Organquelle verwendet werden. In ihrem Untersuchungsbericht „Blutige Ernte“ kamen David Matas und David Kilgour zu dem Schluss, dass mindestens 41.500 Organe zwischen 2000 und 2005 von lebenden Falun Gong-Praktizierenden zwangsweise entnommen wurden.
Das EU-Parlament reagierte mit einer Resolution am 12.12.2013 und bekundete „tiefe Besorgnis angesichts der anhaltenden und glaubwürdigen Berichte über systematische, vom Staat gebilligte Organentnahmen an Gefangenen aus Gewissensgründen in der Volksrepublik China, die ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgen, unter anderem in großem Umfang an Falun-Gong-Anhängern, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung inhaftiert sind, sowie an Angehörigen anderer religiöser und ethnischer Minderheiten.“ Ähnliche Resolutionen erfolgten in Italien (5. März 2014) und Kanada (6. November 2014).
Bleibt anzunehmen, dass das neue Versprechen vom 3. Dezember 2014 unter dem wachsenden internationalen Druck entstanden ist. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung wurden nicht bekannt gegeben. Folgen keine entsprechenden Gesetzesänderungen und Regierungsbeschlüsse, bleibt die Organentnahme von Hingerichteten in China ohnehin weiter legal. Zudem ist es ein extrem profitables Geschäft, wie einige chinesische Kliniken öffentlich bestätigten.
China kann Glaubwürdigkeit nur gewinnen, indem es sein Organspendersystem transparent und verifizierbar für unabhängige Fachorganisationen macht. Dafür braucht es eine resolute Reaktion der internationalen Gemeinschaft, betont Prof. Huige Li von der Johannes Gutenberg Universität in Mainz und Vertreter von DAFOH www.dafoh.org.