Lori, die derzeit in Minnesota lebt, erinnert sich an ihre Erfahrungen im chinesischen Schulsystem. Als junge Falun-Gong-Praktizierende musste sie sich entscheiden, ob sie sich in der, von der chinesischen Partei kontrollierten Gesellschaft behaupten oder ihren Werten treu bleiben wollte. Das ist ihre Geschichte:
Als ich in der High School war hat mir der Schulleiter vorgeschlagen, der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) beizutreten. Es hätte mich gut aussehen lassen und mir wahrscheinlich sogar ein paar Extrapunkte in meiner Aufnahmeprüfung gegeben. Technisch gesehen müssen die Personen mindestens 18 Jahre alt sein, um in die Partei aufgenommen zu werden. Allerdings können außergewöhnlich gute Schüler früher in die Partei eintreten und das gilt als große Ehre. Zwei weitere Schüler und ich wurden von meiner Schule ausgewählt, um als außergewöhnlich gute Schüler frühzeitig der Partei beizutreten.
Wir füllten die Antragsformulare aus und schrieben lange persönliche Erklärungen darüber, wie toll die kommunistische Partei war und wie sehr wir darauf bedacht waren, der Partei beizutreten. Für diese Art von Artikel gab es sogar Standardvorlagen. Wir haben einfach nur den Inhalt kopiert. Danach mussten wir zum Rathaus gehen, um von Regierungs- und Parteifunktionären interviewt zu werden.
Es war ein Schultag und die beiden anderen Schüler und ich gingen mitten am Tag zum Rathaus. Wir waren allein. Niemand erzählte mir etwas, aber obwohl ich erst 16 Jahre alt war, spürte ich irgendwie damals schon, dass während des Interviews Fragen zu Falun Gong gestellt werden könnten. Es war Anfang 2002 und die Verfolgung von Falun Gong war in vollem Gange. Die Propaganda, die die Meditationspraxis verleumdete, wurde rund um die Uhr über alle möglichen Kanäle chinesischer Medien ausgestrahlt. In China überprüft die kommunistische Partei bei solchen Ereignissen immer die Einstellung der Menschen, um festzustellen, ob sie sich an die offiziellen Vorschriften halten. Irgendwie habe ich das gelernt, als ich in China aufgewachsen bin, obwohl mir das niemand speziell beigebracht hat.
Ich ließ die beiden anderen Schüler vor mir interviewen, während ich vor dem Raum wartete. Ich war sehr nervös und verängstigt, da ich wusste, was auf mich zukommen würde. Ich musste eine Entscheidung treffen: Wenn sie mich nach meiner Einstellung zu Falun Gong fragten, wie sollte ich antworten? Sollte ich meinem Herzen folgen und die Wahrheit sagen? Was wären die Folgen? Mein Herz schlug schnell, mein Atem war kurz und mein Herz war voller Angst.
Als ich an der Reihe war, betrat ich einen großen Konferenzraum mit einem langen Tisch. Fünf oder mehr Beamte saßen am Tisch und ich saß am Ende. Sie lächelten mich an, sie schienen nett zu sein.
Das Interview begann und in der Mitte fragten sie mich tatsächlich: „Was hältst du von Falun Gong?“. Ich antwortete: „Nun, ich denke, Falun Gong ist gut, ich denke Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht sind gut“. Sofort änderte sich die Atmosphäre im Raum, die Luft war wie gefroren, lange Zeit sagte niemand etwas. Die lächelnden Gesichter verwandelten sich in dunkle verzerrte Gesichter, als ich etwas sagte, was eigentlich höchst verboten war. Dann fing plötzlich jemand an zu lachen. Die Unbeholfenheit war gebrochen und sie stellten andere Fragen, als wäre nichts passiert.
Ich fühlte mich erleichtert und ging wieder zur Schule. Ich war froh, dass ich die richtige Wahl getroffen habe. Ich habe meinen Eltern nichts gesagt. Ich wollte, dass diese Seite umgeblättert und vergessen wird.
Später am selben Tag erhielten meine Eltern einen Anruf von meinem Lehrer. Meine Schule erhielt eine Beschwerde von der Stadt über mein Fehlverhalten. Einer der Beamten sagte, dass er das, was ich getan hatte, in meine Akte aufnehmen würde. In China hat jeder eine Akte, die ihn ein Leben lang begleitet. Man weiß nie, was in dieser Akte ist, aber Schulen und Unternehmen erhalten diese Dateien, um zu überprüfen und zu entscheiden, ob sie dieser Person erlauben, ihrer Schule oder ihrem Unternehmen beizutreten. Im Grunde genommen würde es keine Universität oder Unternehmen wagen, mich aufzunehmen, sobald in meiner Akte stünde, dass ich Falun Gong unterstütze.
Mein großes Glück war, dass dieser Beamte am Ende seine Meinung wirklich geändert hat und meiner Akte letztendlich keinen Eintrag über meine Meinung zu Falun Gong hinzugefügt hat. Ich weiß, dass es andere Schüler gibt, die von der Schule geworfen oder sogar ins Gefängnis gesteckt wurden, nur weil sie gesagt haben, dass Falun Gong gut ist. Die beiden anderen Schüler wurden in die Partei aufgenommen. Ich wurde nicht aufgenommen. Ich bin froh, dass ich meinem wahren Glauben gefolgt bin.
Nachdem ich in die USA gezogen war, erfuhr ich immer mehr darüber, was die KPCh in Wirklichkeit ist.