Aus dem Internetcafé beim Pekinger Trommelturm dringen die üblichen Kampfgeräusche. Junge Männer und Frauen sitzen in tiefen, roten Sesseln vor den Bildschirmen. Wer hier Chinesen nach ihrer Meinung zu den Unruhen in Tibet befragt, bekommt als Antwort meist nur ein verlegenes Lächeln. "Die Sache in Lhasa? Das ist doch schon längst vorbei", sagt ein junger Mann. Ein Mädchen erklärt, dass der Dalai Lama hinter den Protesten stehe. "Der will unser Land spalten." Ein anderes Mädchen sagt: "Die Berichte der westlichen Medien sind unfair und falsch." Pekings Regierende werden sich über solche Antworten freuen. Seit dem Beginn der Unruhen in Tibet Mitte März versuchen sie mit einer Mischung aus Propaganda, Zensur und Nationalismus die Stimmung im Volk zu kontrollieren. Es ist wohl die größte Propagandaaktion seit der Verfolgung der Falun-Gong-Bewegung im Jahr 2000, eine ausgefeilte Kampagne aus Fehlinformationen, Halbwahrheiten und nationalistischer Propaganda. Die Unruhegebiete sind seit Wochen für unabhängige Reporter abgeriegelt. Tausende Internetseiten wurden gesperrt. Wenn CNN und BBC über Tibet berichten, schalten die Zensoren den Bildschirm schwarz.
(Quelle: FR-Online)