Geht es nach einem in der Dajiyuan veröffentlichten Aufruf an die chinesische Staatsführung, dürfte das Ende der Verfolgung von Falun Gong in China nicht mehr weit sein. Die Dajiyuan gilt mittlerweile bei Experten und Auslandschinesen als führendes Medium, da sie über ein Netzwerk unabhängiger Informanten in China verfügt. In der Volksrepublik ist sie verboten und die Webseite blockiert. Mit einer Auflage von rund zwei Millionen ist sie die auflagenstärkste chinesische Wochenzeitung außerhalb Chinas. Die chinesische Printausgabe erscheint in knapp 40 Ländern.
Der chinesische Staatschef Hu Jintao und sein Premier Wen Jiabao sollten jetzt die Verfolgung an Falun Gong beenden, so die Dajiyuan. „Es ist eine historische Gelegenheit, jetzt oder nie,“ heißt es dort. Dies würde ihnen zu höchster Ehre und Tugend gereichen, die chinesische Gesellschaft in soziale Stabilität führen und viele hochrangige Beamte zum Umdenken führen. Wenn sie jedoch diese Gelegenheit verpassten, müssten auch sie die Schuld für die Verfolgung, die Folter, das vergossene Blut und die unentschuldbaren Verbrechen tragen. Die Götter würden, je nach ihrer Entscheidung, ihr weiteres Schicksal arrangieren.
Laut Informanten und den Netizens, den unabhängigen, chinesischen Internetbloggern, ist die Fraktion um Jiang Zemin restlos eliminiert. Der ehemalige Staatschef und Initiator der Verfolgung von Falun Gong hat nun alle seine einflussreichen Verbündeten in der KPC verloren und somit in China keinen nennenswerten Einfluss mehr. Sein letzter, sehr mächtiger Gefolgsmann, Zhou Yongkang, dem neben der Justiz und der Staatssicherheit auch die Polizei und die bewaffnete Polizei unterstanden, soll laut unbestätigten Meldungen nach einem verlorenen Putsch gegen Hu und Wen Ende März verhaftet worden sein. Er galt als die wichtigste Person zur Aufrechterhaltung des Organraubes und der Verfolgung. Hu und Wen haben nun, nach zehn Jahren Amtszeit, sowohl auf dem Papier als auch in der Realität die Herrschaft über Partei, Militär und Polizei. Damit haben die beiden engen Verbündeten nun aber auch die Macht und die Verantwortung, die Verfolgung von Falun Gong aufrecht zu erhalten oder zu beenden.
Inwiefern Hu und Wen der Aufforderung der Dajiyuan nachkommen, ist abzuwarten. Hu Jintao ist der dem Untergang geweihten KPC streng loyal, zugleich aber auch eher gegen die Verfolgung von Falun Gong. Er hätte die Auseinandersetzung mit Jiang gern seinem proklamierten Nachfolger, Xi Jinping, überlassen, der ihn beim nächsten Parteitag im Herbst ablösen soll. Wen Jiabao wiederum möchte die Verfolgung von Falun Gong schnellstmöglich beendigen und hat nach letzten Gerüchten schon eine Verhaftungskampagne gegen die niederrangigen Verfolger eingeleitet. Er besitzt als wichtigster Verbündeter Hus mittlerweile einen weiten, selbständigen Handlungsspielraum, ist aber von seiner Position her letztendlich Hu weisungsgebunden. Die unabwendbare Beendigung der Verfolgung von Falun Gong ist mit dieser veränderten politischen Situation jedoch in eine neue Phase eingetreten: Nachdem sich die Falun Gong Praktizierenden mittlerweile 13 Jahre gegen die Verfolgung einsetzten, haben jetzt Nichtpraktizierende die Möglichkeit, sich ungestört dafür oder dagegen zu entscheiden und sich damit zu positionieren.
Dipl.Ing. Alexander M. Hamrle