Wenn in den zensierten Medien Chinas plötzlich ein detaillierter Artikel über unvorstellbare Folterungen in den dortigen Arbeitslagern auftaucht, ist es garantiert kein Zufall. Und garantiert kein Zufall ist es auch, wenn sich dieser Artikel gerade auf das Masanjia Arbeitslager in einem Vorort von Shenyang bezieht, der Hauptstadt der Provinz Liaoning.
Doch vorab zu den Fakten: Am 6. April diesen Jahres veröffentlichte das dem derzeitigen chinesischen Staatschef Xi Jinping nahe Fotomagazin Lens einen Bericht über Folterungen im Masanjia Arbeitslager. Ein Verweis darauf fand sich später auf der Internetseite der „People´s Daily“, dem Sprachrohr der kommunistischen Partei. Der 14-seitige Artikel sollte in der derzeitigen Diskussion in China, zu Reform oder Abschaffung von Arbeitslagern, den Gegnern ein gewichtiges Argument zur Abschaffung liefern. Wegen der Wut auf die Behörden von Hunderttausenden in der Bevölkerung verschwanden sowohl der Artikel als auch der Verweis darauf, nur wenige Tage später, aus dem Internet. Neben Elektrostäben, Aushungern, mit Handschellen aufhängen und anderen Foltermethoden wird darin vom „Totenbett“ oder der „Tigerbank“ gesprochen – Folterarten, die ursprünglich für eine „spezielle Gruppe“ entwickelt und dann schließlich auch für „reguläre Gefangene verwendet“ worden seien.
Natürlich bezieht sich die „spezielle Gruppe“ auf die namentlich nicht genannten Falun Gong Praktizierenden, die weitaus größte Anzahl Inhaftierter in Masanjia. Das Lager gilt zudem als Eliteanstalt, in die Beamte aus ganz China eingeflogen werden, um das effektive Brechen von Falun Gong Praktizierenden durch Folter zu lernen. Und erst wegen der Verfolgung von Falun Gong ließ der damalige Provinzgouverneur von Liaoning, Bo Xilai, um eine halbe Milliarde Yuan das Masanjia Arbeitslager von zuvor durchschnittlich rund 100 auf 10.000 Haftplätze im Jahr 2002 aufstocken.
Ein solcher Artikel wäre noch vor wenigen Jahren absolut undenkbar gewesen. Dazu Minghui, eine der Webseiten von Falun Gong: „Es ist ein bemerkenswerter Vorfall, weil keine dieser schrecklichen Geschichten von Folter, Gehirnwäsche und Zwangsarbeit jemals von Medien in der Volksrepublik China zugegeben, geschweige denn berichtet wurden.“ Mehr als 8.100 Berichte, die die Verfolgung von Falun Gong thematisieren oder dokumentieren, hat Minghui über Masanjia seit 2000 veröffentlicht. Und in den ersten zwei Jahren der Verfolgung von Falun Gong kamen mehr als ein Viertel aller eindeutig dokumentierten Todesfälle in Liaoning aus dem Masanjia Arbeitslager.
Mit dem ersten Eingeständnis von Folter in einem Schlüsselarbeitslager von Falun Gong möchte Xi Jingping wohl indirekt auf die Verfolgung hinweisen. Inwiefern damit zugleich dem inhaftierten Bo Xilai die Schuld für die Verfolgung von Falun Gong in die Schuhe geschoben werden soll, unterliegt Spekulationen. Laut Gerüchten und Zitaten in einer Zeitung soll der eigentliche Hauptschuldige an der Verfolgung, Jiang Zemin, erwägen, seinen Schützlingi zu opfern, um selbst den Hals aus der Schlinge zu bekommen. Ein abgekartetes Szenario also? Fast. Dass der Artikel und der Verweis so schnell verschwanden zeige, dass in der Partei noch keine Einigkeit erreicht wurde, so ein Politikanalyst im Interview mit der Epoch Times.
Alexander M. Hamrle