In unserer ersten Ausgabe hatten wir über einige wichtige Symbole in der traditionellen chinesischen Malerei gesprochen. Wer aber glaubt, allein mit dem Wissen über die Symbole alle Bilder entschlüsseln zu können, irrt sich.....denn, auch in der Kombination der Pflanzen mit Tieren, Felsen usw. entsteht eine symbolhafte Sinngebung. Die Art der Anordnung, die Komposition hat auch oft eine symbolträchtige Wirkung.
Sprichwörter und Redewendungen werden bildhaft dargestellt, viele Motive aus der Welt der Sagen, Mythen, Märchen und Geschichte (z.B. Drachen, Phönix) finden Verwendung in den chinesischen Kunstwerken. Somit ergibt sich aus vielen Bildern alleine schon durch die symbolhafte Bedeutung ein tieferer Sinn, dennoch wird oft der eigentliche Sinn, den der Maler hatte für uns Europäer im Verborgenen bleiben.
Die folgende Anekdote, die über Chi'Pai-shih, einem der bekanntesten Maler der Neuzeit (er starb 1957 im Alter von 97 Jahren) erzählt wird, beweist, dass ein Bild nicht optisch gefällig sein muss, um eine Aussagekraft zu haben:
"Ein hoher Staatsbeamter, den er nicht leiden konnte, drängte ihn dazu, ihm ein Bild zu malen und schickte dem Maler dafür eine anständige Geldsumme. "Der Alte" jedoch (so nannte sich Chi gerne selbst), malte ihm einen alten vertrockneten Kürbis, schickte ihm das Bild und gab ihm das ganze Geld zurück."
(vertrockneter Kürbis = Missmut, Unehrenhaftigkeit)