Das chinesische Schriftzeichen 善 (Shan) setzt sich aus den Ideogrammen 羊 (yang) und 言 (Yan) zusammen, wobei 羊 Schaf bedeutet und mit 言 das Gesprochene oder auch das Wort gemeint ist. Das Schaf gehörte im alten China zu jedem guten Haushalt dazu. Als Haustier war es aufgrund seiner Gehorsamkeit besonders beliebt. Zudem blökt das Schaf immer gleich, egal ob es gut oder schlecht behandelt wird. Diese Eigenschaft, gutherzig zu reagieren, egal ob man gut oder schlecht behandelt wird, umschrieben die Chinesen mit 善.
In vielen Religionen ist Barmherzigkeit eines der Hauptgebote, so auch im Buddhismus. Die Barmherzigkeit ist dort als das Mitgefühl für seine Nächsten zu verstehen. Ein Buddhist sieht die Leiden seiner Mitmenschen, die sie durch das Leben erfahren haben, und versucht ihnen zu helfen. Dabei soll er zuerst an andere denken, denn im Buddhismus sind die Leiden der anderen wichtiger als die eigenen. Wobei allein die Existenz in der Menschenwelt Leiden bedeutet: zunächst ist ein Mensch im Körper gefangen und muss zudem Alter, Krankheit und Tod er- leiden. Indem man sich ständig verbessert und sich der Barmherzigkeit angleicht soll im Buddhismus dem menschlichen Leiden ein Ende bereitet werden, indem man zur Erleuchtung kommt und zum Ursprung des Lebens zurückkehrt.
Das Gegenteil von 善 bildet das Zeichen 恶 (E), Bosheit. 恶 besteht aus den beiden Ideogrammen, 心 (Xin), Herz, und 亚 (Ya), Schwäche. 心亚 bedeutet somit das schwache Herz. Demnach betrachteten die Chinesen früher die Bosheit als eine Art Schwäche, die vom Herzen kommt. Im Gegensatz dazu beweist derjenige wahre innere Stärke, der trotz Beschimpfungen oder Erniedrigungen immer noch Barmherzigkeit zu seinem Gegenüber verspürt.